Skip to content Skip to main navigation Skip to footer

2018 haben sich die 17 Gemeinden des Sensebezirks dazu entschieden, gemeinsam ein Konzept zu entwickeln, um die Region als attraktiven Wirtschafts- und Arbeitsstandort zu positionieren. Schnell war klar, dass die Aufgleisung und Umsetzung dieses Projekts die Ressourcen des Gemeindeverbands Region Sense sprengen würde. Also suchte man nach externer Unterstützung und wurde in Zürich bei der Firma Sofies fündig. Seit rund zwei Jahren berät und unterstützt Dr. Martin Fritsch den Gemeindeverband bei der Umsetzung des Projekts «Arbeitszonen in der Region Sense».

Herr Fritsch. Sie beraten den Gemeindeverband Region Sense seit rund zwei Jahren bei der Umsetzung des Projekts «Arbeitszonen in der Region Sense». Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Wir beschäftigen uns schon seit längerem sowohl auf der betrieblichen wie auch auf der raumplanerischen Ebene mit der optimalen Gestaltung und Nutzung von Arbeitszonen. So konnten wir bereits verschiedene Mandate für die Wirtschaftsförderung und die Innoreg FR des Kantons Freiburg übernehmen. Hinzu kommt, dass wir 2012 für die Gemeinde Düdingen ein Pilotprojekt für eine nachhaltige und innovative Entwicklung der Industrie und des Gewerbes durchführen durften. Dies unter Verwendung des Ansatzes der Methodik der Industriellen Ökologie, heute bekannter unter dem Begriff Kreislaufwirtschaft. 2018 kontaktierte uns Simon Ruch mit der Anfrage, ob wir den Sensebezirk bei der Entwicklung einer regionalen Lösung für die Arbeitszonenbewirtschaftung unterstützen könnten. Als Erstes starteten wir im Mai 2018 mit einem Initiierungsworkshop, an dem ich die Vertreter und Vertreterinnen der Sensler Gemeinden zum ersten Mal kennenlernte.

Kannten Sie ein vergleichbares Vorhaben? Konnten Sie auf bestehende Erfahrungen oder bereits umgesetzte Konzepte zurückgreifen?
Nein, nicht wirklich. Ansätze für ein regionales Arbeitszonen-Management gibt es zwar in anderen Gemeinden und Kantonen der Schweiz. Allerdings nicht in dieser umfassenden Art und auch nicht über einen Bezirk mit 17 Gemeinden. Da betraten wir Neuland. Hintergrund ist die erste Revision der Raumplanungsgesetzgebung, die 2014 im Rahmen einer Volksabstimmung angenommen wurde und die nun zu wirken beginnt. Entsprechend gibt der Kanton heute neue Vorgaben. Die Bewirtschaftung von Arbeitszonen muss primär nach innen erfolgen. Reserven müssen zuerst genutzt werden. Wenn sie an einem «falschen» Ort liegen und regional an einem anderen Standort mehr Sinn machen, dürfen sie auch umgelagert werden. In der Konsequenz heisst das: Regional zusammenarbeiten. Dazu brauchen nicht nur der Bezirk Sense, sondern auch die anderen Regionen im Kanton Freiburg und in der restlichen Schweiz neue Strategien und Konzepte, die ein solches Vorgehen in der Praxis möglich machen.

Welche Rolle(n) haben Sie und Ihr Unternehmen in diesem Projekt übernommen?
Wir hatten drei Rollen: Als erstes die IST-Situation gegenüber diesen neuen Vorgaben für den Sensebezirk zu erfassen und mit den beteiligten Gemeinden eine Handlungs- und Umsetzungsstrategie auszuarbeiten. Als zweites den gesamten Mitwirkungs-, Planungs- und Entscheidungsprozess zu gestalten, zu moderieren und zu dokumentieren sowie alle Zwischenresultate durch die Gemeinden validieren und bestätigen zu lassen. Diese Rolle beinhaltete auch viel Kommunikationsarbeit. Und drittens aus den Ergebnissen ein Gesamtkonzept zu definieren, das in einem Schlussbericht zusammengefasst und im Rahmen der Ergebniskonferenz am 7. März 2020 vorgestellt wurde.

Was genau bedeutet es, nach einem partizipativer Prozess vorzugehen?
Es bedeutet vor allem zuzuhören und auf die Bedürfnisse der beteiligten Akteure – ob als Behörde oder Einzelperson – einzugehen. Das wiederum ist die Voraussetzung, um Vertrauen und Transparenz schaffen zu können. All diese Elemente sind in einem Prozess, in dem auf Augenhöhe zwischen den Gemeinden, der Region und auch dem Kanton neue Lösungen und eine neue Verteilung von Rollen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten gesucht und gefunden werden müssen von zentraler Bedeutung. So wird der partizipative Prozess ein wichtiger Teil der Lösung selbst. Ein Beispiel: Die Gruppe, die an den Workshops teilgenommen hat, wird nahtlos unter der Bezeichnung «Forum für Regionalentwicklung» weiterarbeiten und in der zukünftigen Umsetzung des Arbeitszonen-Managements wichtige Funktionen übernehmen.

Welches waren die grössten Herausforderungen bei der Erarbeitung des Konzepts?
Ich möchte drei Herausforderungen nennen: Zum einen das Aufzeigen der neuen Rahmenbedingungen der Raumplanung zusammen mit der laufenden Vermittlung der Vorgaben des Kantons Freiburg und deren «Übersetzung» in die Situation des Sensebezirks. Laufend deshalb, weil die Bereinigung dieser Vorgaben durch den Kanton noch während des Projektes erfolgte. Zum anderen die Reduktion der Komplexität, was wiederum mit der ersten Herausforderung zusammenhängt. Dabei mussten wir verschiedene Gesichtspunkte berücksichtigen. Einerseits die Vereinbarkeit der neuen Randbedingungen und Vorgaben mit den Bedürfnissen der Gemeinden. Und andererseits war es immer sehr wichtig, das übergeordnete Ziel im Auge zu behalten. Nämlich, dass der Sensebezirk zusammen mit den Gemeinden konkrete und umsetzbare Handlungsoptionen erhält. Denn letztlich ist die Raumplanung ja nur Mittel zum Zweck, dass mit Hilfe eines Arbeitszonen-Managements eine erfolgreiche Standortförderung und eine nachhaltige Regionalentwicklung ermöglicht werden kann. Die dritte Herausforderung betrifft die jetzt anlaufende Umsetzung. Denn alles was wir entwickelt haben, muss am Ende in der Praxis Bestand haben. So haben wir immer darauf geachtet, dass das Konzept auf seine rechtliche und raumplanerische Machbarkeit hin überprüft wurde. Ein Grund, weshalb wir mit dem Bau- und Raumplanungsamt des Kantons Freiburg sowie mit der Fachorganisation EspaceSuisse eng zusammengearbeitet haben.

Kürzlich wurde der Schlussbericht veröffentlicht. Worauf muss die Projektleitung besonders achten, damit dieses Konzept nicht zu einem Papiertiger wird?
Auf die anlaufende Umsetzung und darauf, dass der erarbeitet Konsens für eine gemeinsame Bewirtschaftung der Arbeitszonen weiter gefestigt wird. Im Weiteren ist wichtig, dass alle Gemeinden miteinbezogen werden, dass das neue AZ-Management für alle transparent bleibt und dass der Mehrwert für alle sichtbar und spürbar wird. Entscheidend ist zudem, dass die Region in ihre neue Rolle wächst. Dies wurde von Anfang an von den Gemeinden gefordert. Aktuell unterstützen wir den Sensebezirk im Aufbau einer Stelle, damit die notwendigen Ressourcen und das Knowhow für die zukünftige Führung des Arbeitszonen-Managements auf der regionalen Ebene bereitstehen. Denn es reicht nicht mehr aus, dass nur der regionale Richtplan revidiert und verabschiedet wird. Es muss – im Sinne einer Best Practice – eine neue Praxis der aktiven regionalen Arbeitszonenbewirtschaftung entwickelt und gelebt werden.

Welches sind die nächsten Schritte und wie lange wird die Umsetzung dauern?
Es sind mehrere Schritte, die parallel erfolgen, wovon der erste bereits begonnen hat. Es handelt sich dabei um die Revision des regionalen Richtplans, in den die Ergebnisse des Regionalen Arbeitszonen-Managements einfliessen werden. Einer der wichtigsten Punkte ist dabei die Festlegung, wo die gemeinsame regionale Arbeitszone zu liegen kommt. Es kann auch sein, dass man sich auf mehrere gemeinsame regionale Arbeitszonen einigt. Deshalb erfolgt praktisch zeitgleich als ein weiterer Schritt die Analyse der tatsächlich vorhandenen Reserven und der Potenziale für eine Umlagerung von Arbeitszonen. Auch dies fliesst in die Revision des regionalen Richtplans ein. Und schliesslich wird die Definition des Stellenprofils an die Hand genommen, damit die Region die bereits erwähnten Aufgaben übernehmen kann. Parallel dazu wird das erste Treffen des «Forums für Regionalentwicklung» im kommenden Herbst vorbereitet.

Östlich von Bern weiss man nicht viel über den deutschsprachigen Teil des Kantons Freiburg. Was erzählen Sie Ihren Zürcher Kolleginnen und Kollegen über den Sensebezirk?
Ich hoffe, dass dem nicht mehr so ist und ich ein wenig dazu beitragen konnte! Denn wann immer über partizipative Prozesse gesprochen wird, erzähle ich vom Projekt mit dem Sensebezirk als Vorzeigefall. Dabei erwähne ich v.a. den 2. Workshop vom 5. Juni 2019. Es war ein heisser Sommernachmittag und die rund 30 Teilnehmenden haben während fast 4 Stunden intensiv und hoch konzentriert die Ziele diskutiert, formuliert und zuletzt noch gewichtet. Dieses Engagement hat mich sehr beeindruckt. Und ich habe erlebt, wie wichtig den Teilnehmenden es war, mitgestalten und mitbestimmen zu können. Zudem wurde im Laufe des Projektes allen bewusst, dass der Sensebezirk auf dem Gebiet des Arbeitszonen-Managements eine Pionierrolle übernimmt. Diese Kombination von beharrlichem Engagement und Offenheit für eine Pionierarbeit war für das Projekt der tragende Boden. Was leider zu kurz kam war die wunderbare Landschaft. Wir machen jedoch fleissig Werbung, v.a. für die Herzschlaufe. Nur abgefahren sind wir sie noch nicht. Wir haben Simon Ruch das Versprechen abgegeben, das bald nachzuholen!

Sie sind in einem intensiven Austausch mit den Senslerinnen und Sensler. Mit welchen Eigenschaften würden Sie sie bezeichnen?
Ich habe die Senslerinnen und Sensler auf der einen Seite als sehr offen und auf der anderen Seite als sehr beständig erlebt, im Sinne, dass sie erwarten, dass es vorwärts geht und es zu konkreten Resultaten kommt. Das hat uns natürlich auch gefordert und angespornt. Bei den zahlreichen Diskussionen und Gesprächen auch nach den Workshops ist mir zudem die hohe und sehr respektvolle Diskussionskultur aufgefallen. Auch bei kontroversen Themen blieben die Diskussionen immer sachlich und konstruktiv. Und obwohl auch kritische Fragen gestellt wurden, haben uns die Teilnehmenden von Anfang an ihre Zusammenarbeit angeboten und über die gesamte Projektdauer hinweg durchgezogen. Für dieses uns entgegengebrachte Vertrauen möchte ich mich im Namen des gesamten Projektteam bei allen Beteiligten ganz herzlich bedanken.

Wir danken Ihnen herzlich für dieses Interview.

KURZPORTRAIT

Die Firma Sofies hilft privaten und öffentlichen Akteuren, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu verfolgen. Das Unternehmen verfügt über grosse Erfahrung in den Bereichen räumliche Entwicklung, Öko-industrielle Pärke, Nachhaltigkeits Management in Organisationen, Produktions- und Wertschöpfungsketten, Abfallwirtschaft und alternative Energiesysteme. Von Anfang an standen die wirtschaftliche Entwicklung und der Erhalt der natürlichen Ressourcen im Fokus der Unternehmensphilosophie, welche über die Ansätze der Industriellen Ökologie und der Kreislaufwirtschaft gestärkt werden sollen. Heute beschäftigt die Sofies Group 40 Mitarbeitende und ist international mit fünf Tochtergesellschaften in Genf, Zürich, Paris, London und Bangalore tätig.

www.sofiesgroup.com

Back to top